Rede Monika Salzer, Omas gegen Rechts

Es war meine Tante Marianne am Ende der 1950er-Jahre. Sie war am wohlhabendsten und kaufte den ersten Fernseher in unserer Familie. Was für eine Aufregung. Wir besuchten sie in ihrer Wohnung, es war ein Hochamt, wir sahen in das Kastl und knieten fast nieder. Mit

offenen Augen und Ohren wunderten wir uns, was alles möglich war. Den Schrecken der Nachkriegszeit nahm der ORF seine Macht. Ein Fenster zur ganzen Welt ohne Parteidoktrin war geboren. Die Deutsche Propaganda-Wochenschau der Nazis war vergessen.

 

Zum Ende des Krieges, zu dem Staatsvertrag und einem kleinen Aufschwung kam jetzt noch die Freiheit dazu. Fernsehen war eine Geschichte der Aufklärung, der Information und natürlich auch der Unterhaltung. Straßen waren leergefegt, wenn es beliebte Folgen gab.

Ich war zehn Jahre alt. Seither haben es die Medien in diesem, meinem Land und das Fernsehen geschafft, eine Säule meiner Identität zu werden und die meiner Generation. Und zwar nicht im Bereich der Unterhaltung, sondern im Bereich der Information.

 

Der ORF bietet nicht nur Public Value, er IST Public Value, das kann ihm niemand Privater nachmachen. Unabhängige und qualitätsvolle Berichterstattung. Eine Hochblüte durften wir am 4. Juni mit Armin Wolf und Wladimir Putin erleben: so viel verbale und nonverbale

Information! So soll es sein, für immer. Eine von uns finanzierte öffentlich-rechtliche Organisation, die zeigt, was Journalismus kann.

 

Es gibt keine neutrale Berichterstattung, Gott sei Dank. Parteiunabhängige und nicht neutrale, aufklärerische, freche Beiträge, die im Gegenüber zu jeder Regierung zeigen, was Demokratie kann. Wir sind ein kleines Land mit einem großen Potenzial an tollen Journalistinnen und Journalisten mit hohen ethischen Ansprüchen: Lassen wir sie arbeiten! 

 

Wien, Karlsplatz

6. Juni 2018