Rede Thomas Maurer und Florian Scheuba, Wir Staatskünstler

 

Scheuba: Wir hätten ja an sich morgen auftreten sollen. Das ist jetzt kein Scherz, wir wurden gefragt, ob wir die öffentliche Medienenquete der Bundesregierung eröffnen wollen, und wir haben natürlich gesagt: „Herzlich gerne, das machen wir glatt“. Leider hat die Veranstalter dann doch der Mut verlassen, und wir wurden dann wieder ausgeladen. Was sehr traurig ist, weil wir haben wirklich konstruktive Vorschläge ...

 

Maurer: Sie haben sich entschuldigen lassen ... wegen Bauchweh ... 

 

Scheuba: Wir hätten konstruktive Vorschläge gehabt für die Zukunft der österreichischen Medien. Zum Beispiel ganz konkret für den ORF. Unser Vorschlag wäre gewesen, dass die Rundfunkgebühren einfach an den ORF gehen sollen. 

                                                                                                 

Maurer: Gute Idee.

 

Scheuba: Weil so wie es jetzt ist, 144 Millionen Euro von der ORF-GEbühr pro Jahr gehen an die Landesregierungen der Bundesländer. Vorarlberg und Oberösterreich sind die einzigen, die bei diesem versteckten Raubzug nicht mitmachen.

 

Maurer: Bei Wien wird sichs ungefähr ausgehen, was dann bei Heuteund bei Österreichals Hamsterkäfigeinlage so investiert wird.

 

Scheuba: Die anderen nehmen das Geld, ohne zu sagen, was sie damit machen, teilweise aber auch zweckgebunden für sehr wichtige Zwecke wie zum Beispiel Brauchtumspflege. Oder Kriegsopferdenkmäler. Ich denk mir zwar immer, Kriegsopferdenkmäler haben wir eigentlich schon genug ...

 

Maurer: Immer auf Vorrat, von so was kann man nie genug haben ... Zum Thema Brauchtumspflege möchte ich noch kurz sagen, weil wir hier vor einem Stück Brauchtum stehen, vor der Karlskirche. Ein herrliches Stück österreichische Gegenaufklärung. Falls Sie mal hineingehen. In der Kuppel oben sieht man den Erzengel Michael, und der hat vor sich einen Haufen Bücher, von Luther und Calvin und so, und diese Bücher verbrennt er grad ... Also ich glaube, das ist ein Stück österreichisches Brauchtum, da gibt es wieder Interesse daran, und da sollten wir vielleicht wieder rechtzeitig drauf schauen ... Dann doch lieber Kriegsopferdenkmäler.

 

Scheuba: Wenn jetzt alle brauchtumsgepflegt sind und alle Kriegsopferdenkmäler aufgestellt sind, könnte man sich die 144 Millionen aus den Bundesländern für den ORF holen. Die Presse wird darüber natürlich nicht so begeistert sein, weil für die ist der ORF ja ein Konkurrent ums Werbegeld, und wenn sich der ORF eines Tages finanziell aufhängt, wird unsere Presse genauso traurig darüber sein wie der Genosse Christian Kern, wenn der Niessl einen Bandscheibenvorfall hat. Immerhin kann der Niessl damit wenigstens beweisen, dass er ein Rückgrat hat ... Davon unabhängig haben wir uns auch über die Presse Gedanken gemacht. Denn bei der Presseförderung gäbe es etwas zu holen. Wir haben uns nämlich angeschaut, was gibt die deutsche Bundesregierung für Regierungsinserate aus und was die österreichische. Und der aktuelle Stand ist, dass es in Deutschland pro Kopf 15 Mal weniger ist als in Österreich. Das heißt, in Österreich wird 15 Mal soviel ausgegeben für Regierungsinserate als in Deutschland. Der Sinn eines Regierungsinserates besteht darin, Menschen von etwas zu informieren, von dem man glaubt, dass sie es nicht wissen. Das heißt, unsere Regierung hält uns Österreicher für 15 Mal so deppert wie die Deutschen.

 

Maurer: Wobei man sagen muss, dass die Presseförderung schon auch wirkt. Weil seit der Christian Kern jetzt doch wieder in Österreichinseriert, damit der Fellner nicht vom Fleisch fällt, hat er ja eine Aufholjagd in den Umfragen dort ... Und man muss schon auch sagen, die Wiener Sozialdemokratie hat es schwer gehabt. Die Häupl-Nachfolge war nicht geklärt, und es war eine Richtungsentscheidung, die Genossen haben lange gekämpft, wen sollen wir nehmen, den Patscherten oder den Konturlosen ... Und man hat sich dann doch entschieden für die Inseratenabteilung der Kronenzeitung. Die bittere Pointe war, dass gerade der verdiente Krone-Qualitätskolumnist, Michael Jeannée, bei seiner eigenen Party zum 75er stehen musste, weil wenn er sich hingesetzt hätte, hätte er den frischgebackenen Bürgermeister Ludwig hinten zerdrückt. Aber diese direkte Förderung, also ich muss sagen, um die Printmedienlandschaft ist mir nicht bange.

 

Scheuba: Nein. Also wir haben uns Gedanken gemacht und zum Abschluss für heute haben wir einen Ausschnitt aus einer Staatskünstlerfolge mitgebracht, in der wir uns für das Amt des ORF Generaldirektors beworben haben. 

 

Maurer: Die haben geglaubt, das ist ein Schmäh, aber seien wir ehrlich, gscheiter wärs schon gewesen.

 

Scheuba: Wir nehmen unseren Kampf einfach wieder auf. Wir werden zum Beispiel versuchen, den neuen Stiftungsratsvorsitzenden Steger zufriedenzustellen. Er hat ja gefordert: Faire Berichterstattung über Ungarn. Dieser Forderung möchte ich mich anschließen. Es ist völlig sinnlos, jemanden wie Herrn Orbán nur vom links-rechts-Schema her zu betrachten. Geben wir dem Herrn Orbán im österreichischen Fernsehen doch die Berichterstattung, die er verdient. Es gab da schon einmal ein Format, das muss man nur wieder einführen.  Das hat geheißen Aktenzeichen XY ungelöst. 

 

Scheuba: Unsere schärfste Aktion gegen den ORF ist leider verpufft. Uns ist es nämlich gelungen, das ORF Frühstücksfernsehen zu entführen. Leider hat das niemand bemerkt.

 

Maurer: Falls man weiterhin unsere Leitung des ORF zu verhindern versucht. Wir werden den ORF via Notverordnung übernehmen. Die schaut so aus: Ab der 37500. Parteienintervention wird einfach der Telefonhörer nicht mehr abgenommen.

 

Scheuba: Im Zuge dieser Notverordnung wollen wir auch durchsetzen, dass kreative Leistungen im ORF ab sofort zu 5-Euro-Jobs erklärt werden. 

 

Mauer: Da hat man uns aber signalisiert, dafür ist kein Geld da. Und es gäbe auch die Befürchtung, dass man damit, also, es wäre auch ein Pullfaktor, dass man Kreative aus anderen Bereichen unkontrolliert zuwandern lässt.

 

Scheuba: In letzter Konsequenz würden wir die Balkanroute völlig schließen. D.h. wir verabschieden uns an dieser Stelle von unserem Ostkorrespondenten Christian Wehrschütz und wünschen ihm und seinen Sakkos auf seinem weiteren Lebensweg alles Gute.

 

Wien, Karlsplatz

6. Juni 2018